NOTES #8

Die Welle kommt …

Anpassungsfähigkeit mussten Betriebsführer schon immer beweisen. Aber sind sie auch darauf gefasst, was jetzt kommt?

Foto: Markus Bullik

Für Betriebsführer galt schon immer: auf Neues vorbereitet sein, neue Anforderungen schnell und reibungslos erfüllen. Flexibilität und Lösungskompetenz gehören zu ihrer DNA. Was also gibt es Neues, auf das Betriebsführer nicht schon im Grundsatz vorbereitet wären?

Mit wenigen Worten: die Masse der Projekte, die da kommt.

Wie es aussieht, war das, was wir bisher kannten, nur ein Vorgeplänkel. Wenn die Projektwelle, die derzeit bei den Initiatoren und Planern auf den Weg gebracht wird, in Projekte umgesetzt wird, die betrieben werden sollen, müssen Betriebsführer ein Vielfaches von dem bewältigen, was sie bisher umgesetzt haben. Jeder große Projektierer weist mehrere Gigawatt in seinem Projektstand nach – egal ob Solarenergie oder Windenergie.

Überall Projekte in ungekannter Menge

Egal, wohin man blickt, man wird mit großen Zahlen konfrontiert, deren Konsequenzen erst nach und nach klar werden: Allein im Windbereich 8 Gigawatt Projektpipeline hier, 4 Gigawatt Projektpipeline dort usw. Ende 2022 waren 58 Gigawatt Leistung Wind installiert. Eine Verdoppelung innerhalb weniger Jahre gerät in den Bereich des Möglichen. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Solaranlagen, nicht nur auf Privatdächern, sondern vor allem bei Freiflächenanlagen. Die Neuregelungen, die die Möglichkeiten von Kommunen einschränken, Freiflächenanlagen in bestimmten nachrangigen Gebieten zu verhindern, geben einen weiteren Schub. Die gesamte Branche ist in Aufruhr, da auf einmal Projekte in der Breite möglich werden, die lange stockten: Die Akquise läuft (auch wenn dabei Pachten aufgerufen werden, die sich im Betrieb keiner leisten können wird), Genehmigungen gehen fast im Tagesrhythmus bei den Projektierern ein. Bauprojekte müssen in Rekordzeit umgesetzt werden – und das bei rasant steigenden Anlagenpreisen, einem hohen Zinsniveau und einem eklatanten Fachkräftemangel: Service, Leitwarte, Verwaltung, Kauf leute – es fehlt überall.

Hinzu kommt: Die neuen Windparks müssen mit deutlich geringeren Erlösen pro Kilowattstunde zurechtkommen, auch wenn die Erträge pro Anlage weit höher sind als bisher. Auf der Betriebskostenseite hat sich mittlerweile die Spirale weitergedreht. Vollwartungsverträge werden über Indexierungen immer kostspieliger, das Pachtniveau ist deutlich höher als früher. Ansprüche von Gemeinden, etwa über die Gemeindebeteiligung nach EEG oder dem Brandenburger Windenergieanlagenabgabegesetz, sollen befriedigt werden. Die formalen Ansprüche an den Betrieb sind weiter gestiegen.

Was also tun? Vorbereiten, was vorzubereiten ist.

Damit unter solch erschwerten Bedingungen der Betrieb von Windparks, aber auch Solarparks gesichert werden kann, müssen Betriebsführer sich frühzeitig auf die Flut neuer Projekte vorbereiten. Das heißt: Personal gewinnen und schulen, Strukturen überarbeiten und optimieren, Automatisierungsmöglichkeiten ausschöpfen und den Workflow verbessern.

Dabei würde es der Branche nicht nur gut zu Gesicht stehen, wenn sie statt auf Konkurrenz auf Kooperation setzt. Womöglich führt gar kein Weg daran vorbei. Zu groß ist die Aufgabe. Aber mindestens genauso groß sind die Chancen, die sich daraus ergeben – für die Branche und für eine kostengünstige, sichere und klimafreundliche Energieversorgung. Und dafür gibt es schlichtweg keine Alternative.