NOTES #6

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Ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs zur Stromsteuer mit – vielleicht – fatalen Folgen für die Windbranche

Im Urteil vom 24.6.2021 (BFH – VII R 26/19) entschied der BFH, dass ein Unternehmen der Wasserwirtschaft, das nach dem Stromsteuergesetz von der Stromsteuer befreit ist, die Befreiung nicht in Anspruch nehmen kann, weil es einem anderen Unternehmen die vollständige Betriebsführung seiner Anlagen, damit also die „tatsächliche Sachherrschaft über die stromverbrauchenden Anlagen“, überlassen habe. Weil der Betriebsführer und nicht der Betreiber die faktischen Handlungen ausführe und mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet worden sei, werde der Strom, so der BFH, vom Betriebsführer und nicht vom Betreiber entnommen und verbraucht. Damit entfalle zugleich die Stromsteuerbefreiung, da der Betriebsführer nicht dem produzierenden Gewerbe zuzurechnen sei.

Vorrang hat für den BFH also nicht der faktische Verbrauch in der Anlage, sondern das, was er die „tatsächliche Sachherrschaft“ nennt, die sich unter anderem dadurch ausdrücke, dass der Betreiber kein eigenes Personal vorhalte, der Betriebsführer die eigentlichen Entscheidungen über die laufende Betriebsführung treffe und über Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Betriebsführungsvertrag entscheide. Zudem habe der Betreiber den Betriebsführer mit einer Generalvollmacht ausgestattet.

Für den Fall, dass die Generalzolldirektion und die Hauptzollämter nun die Entscheidung des BFH auf den selbstproduzierten Eigenverbrauch ausdehnen und die Produktion dem Betreiber zurechnen, den Verbrauch von Strom vor Ort aber analog zur BFH-Entscheidung dem Betriebsführer, würde das bedeuten, dass Windparks künftig ihren gesamten Stromverbrauch versteuern müssen. Selbst die 3-ProzentRegel, die das Stromsteuergesetz vorsieht, fände dann keine Anwendung, da die dem Betriebsführer zuzurechnende Menge nicht erstattungsfähig ist.

Ob es so weit kommt, hängt nicht zuletzt davon ab, ob die Steuerbehörden die gängige Struktur in der Windbranche, bei der Betreiberfirmen Betriebsführer in Anspruch nehmen, analog zu den Verhältnissen sehen, die im BFH-Urteil behandelt wurden. Schädlich dürfte in jedem Fall sein, wenn Betriebsführer weitgehende Kompetenzen oder sogar Generalvollmachten haben. Entscheidungsvorbehalte der Betreiber oder die Zurechnung des wirtschaftlichen Ergebnisses zum Betreiber werden wohl als nicht ausreichend angesehen werden. Im Übrigen hat der BFH vertragliche Korrekturen im behandelten Fall als nicht relevant und aussichtsreich bezeichnet.

Es entbehrt dabei nicht der Ironie, dass die zu versteuernde Menge kürzlich erst durch das Schätzverfahren, das in enger Zusammenarbeit zwischen Branche und Generalzolldirektion erarbeitet wurde, deutlich nach oben korrigiert wurde. In der Hoffnung, ein anerkanntes und belastbares Verfahren zu etablieren, um die Stromsteuerfront zu befrieden, hätte damit die Branche der Generalzolldirektion Mittel in die Hand gegeben, möglichst hohe Steuerbeträge generieren zu können. Bei knapp 30.000 installierten Anlagen in Deutschland beliefe sich das Steueraufkommen auf schätzungsweise insgesamt 60 Mio. Euro.