NOTES #6

Keine zufälligen Nachbarn

Anrainer sind der Schlüssel zum Erfolg eines Windparks: Sie sind dessen direkte Nachbarn und haben ein Anrecht auf Beteiligung. Immerhin tragen sie auch die konkreten Lasten. Die REZ hat für die MLK-Gruppe eine Reihe von Anrainerprojekten realisiert – mit dem einen Ziel: Wissen zu lassen, dass Nachbarn nicht nur lästig sind.

Anrainerbeteiligung ist seit langen Jahren im Gespräch. Dabei werden immer wieder klassische Beteiligungskonzepte ins Spiel gebracht, die den Nachteil haben, dass sie die nicht vermögenden Teile der Bevölkerung ignorieren. Das soll bei den von der REZ umgesetzten Projekten anders laufen. Hier werden alle Anrainer von Windparks ins Visier genommen, egal ob arm oder reich, und eigentlich auch egal, wie sie zur Windenergie stehen. Dahinter steht die Erkenntnis, dass Nachbarschaft eben auch Pflichten mit sich bringt.

Foto: Markus Bullik

Erst recht dann, wenn die eigentlichen Akteure weit weg von den Betriebsstätten tätig sind. Der klassische Windpark wird heute nicht mehr vom Landwirt aufs Feld gesetzt, Landeigentum und Betrieb von Windkraftanlagen sind aufgrund der hohen Investitionssumme mittlerweile getrennt. Damit kommen Investoren ins Spiel, die aber mit dem konkreten Standort ihres Windparks in den meisten Fällen nichts verbindet – außer eben der Windpark. Das führte bei den frühen Bürgerwindparks zu dem Vorwurf, dass der Zahnarzt aus München den Leuten an der niederländischen Grenze (beispielsweise) einen Windpark vor die Nase gesetzt habe, mit dem Resultat: Der Zahnarzt hat den Profit, die Leute vor Ort haben den Lärm. Nun ist das mit dem Lärm so eine eigene Sache und zahlreiche Zahnärzte oder andere Investoren mussten auch das eine oder andere Investment abschreiben: Weil der Wind nicht so stark wehte wie berechnet oder weil die Anlagentechnik noch unausgereift war und Anlagen häufig ausfielen. Das ist heute anders, wobei das unternehmerische Risiko bei einer direkten Beteiligung nie auszuschließen ist. Die
wenigsten Anrainer eines Windparks sind jedoch Unternehmer oder können es sich leisten, ihr eingesetztes Geld zu verlieren. In manchen Fällen haben sie kaum genug, um einen angemessenen Lebensstandard zu sichern.

Besser für alle

Allein schon aus diesem Grund gehen die REZ-geführten Projekte, die für den Planer und Betreiber MLK umgesetzt wurden, einen anderen Weg: Hier werden allen Anrainern dieselben Angebote gemacht, und hier wird das gesamte Spektrum der Beteiligungsmöglichkeiten ausgeschöpft, von den vergünstigten Angeboten beim Strom bis hin zur direkten Beteiligung am Windpark.

Projekt: Anrainerstrom

Das wohl erfolgreichste Projekt ist dabei das Anrainerstrom-Angebot, das an zwei Standorten, bei Frankfurt/Oder und bei Prenzlau umgesetzt worden ist. Hier arrangieren die MLK-Windparks mit einem Ökostromanbieter ein deutlich vergünstigtes Stromangebot: Die Windparks verteilen also kein Geld, sondern ermöglichen einen deutlich günstigeren Stromtarif. Je nach Region und Profil werden Stromkosten zwischen 156,00 und 226,00 Euro pro Jahr gespart. Beim Verbraucher kommt das als Ökostromtarif an, der besonders günstig ist – in der Regel sogar günstiger als in der Region verfügbare Billigtarife und deutlich besser als der Grundversorgertarif, bei dem immer noch viele Verbraucher auf dem Land angeschlossen sind. Im Bereich Frankfurt/Oder werden kinderreiche Familien und Familien mit geringem Einkommen darüber hinaus mit einer zusätzlichen Ermäßigung von 60 Euro pro Jahr gefördert.

Projekt: Bürgersparen

Die beiden Bürgerspar-Projekte, die die Windparks bislang in Kooperation mit der MLK und der DKB durchgeführt haben, waren gleichfalls sehr erfolgreich. 3 Prozent
Zinsen pro Jahr über drei Jahre, und das Sparguthaben abgesichert über den Bankensicherungsfonds – das sind Konditionen, die sich sonst nirgends finden.
Projekt: Patenschaft Das wirkungsvollste Projekt aber war die Patenschaft, die die Windparks mit einem Kindergarten in Prenzlau eingegangen ist. Mit dieser Patenschaft wurden nicht nur zahlreiche Projekte und Neuanschaffungen möglich. Die Windparks sichern zudem die tägliche Milchversorgung, mittlerweile für
die gesamte Kita.

Projekt: Nachrangdarlehen

Weniger Zuspruch aus der Region hatte das Nachrangdarlehen, das im Jahr 2021 über die DKB Crowdfundingplattform aufgelegt wurde. Zwar wurde aufgrund des eben nicht auszuschließenden Risikos ein Zinssatz von 4,3 Prozent angeboten. Angesichts der Corona-Einschränkungen waren die Kommunikationsmöglichkeiten aber zu schlecht, um die hohe Investitionssicherheit stark genug bei den Windparknachbarn bekannt zu machen. Die Vorbehalte gegen Risiken ist dafür zu groß, die freien Mittel der Anrainer zu gering, um doch eine Beteiligung zu wagen.

Was tun?

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass ein Engagement der Windparks vor Ort gern gesehen ist und eine effektive Beteiligung aller Anrainer positive Effekte für beide Seiten mit sich bringt. Die dafür notwendigen laufenden Belastungen sind vergleichsweise gering. Werbemaßnahmen und Verwaltungskosten liegen in der Regel deutlich darüber. Unerlässlich sind Letztere dennoch, denn anders sind die Maßnahmen vor Ort nicht bekannt zu machen. Projekte wie eine Patenschaft und Anrainerstrom-Angebote führen jedenfalls dazu, dass die Windparkprojekte und ihr Engagement in der Region auf Basis guter persönlicher Erfahrungen von den Windparknachbarn positiver wahrgenommen werden. Das Engagement lohnt sich, aus vielen Gründen.